Nahezu täglich höre ich den Satz: "... und abends belohne ich mich dann mit einem Extra-Teller Pasta, einem schönen Glas Wein oder einer Tüte Chips gemütlich vor dem Fernseher." Verständlich! Wird Essen doch schon von Kinderbeinen an bei Vielen als Belohnung oder das Vorenthalten von beliebten Gaumenfreuden als Bestrafung eingesetzt. Wer brav sein Zimmer aufräumt bekommt danach ein Eis, wer dagegen die Erwartungen der Eltern nicht erfüllt oder sich nach landläufiger Meinung daneben benimmt, bekommt eine Woche lang keine Süßigkeiten.
Kein Wunder also, dass wir auch als Erwachsene Nahrung und deren Aufnahme als Belohnung verstehen. Unterstützt wird diese Tatsache noch durch unsere neurobiologischen Gegebenheiten im Gehirn: das Suchtzentrum, das durch die Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin aktiviert wird und uns - evolutionär durchaus sinnvoll - nach Belohnung streben lässt und so für die nötige Motivation zur Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung zur Erhaltung der Art sorgt.
Auch Zucker befriedigt unser Belohnungssystem leider eklatant. Und weil sich unser Gehirn genau merkt, welche Stoffe besonders belohnend gewirkt haben, kann die anfängliche ungeliebte Gewohnheit schnell zur gefährlichen Sucht werden. Das Verlangen nach den belohnenden Substanzen nimmt in Häufigkeit und Intensität zu und so können nicht nur Nikotin, Drogen und Alkohol, sondern eben auch Zucker in seinen unterschiedlichsten Erscheinungsformen schnell süchtig machen. Billig und in rauen Mengen in immer mehr unserer Nahrungsmittel vorhanden und somit leicht und nahezu jederzeit verfügbar!
Da die vermeintliche Belohnung jedoch ohnehin nur von relativ kurzer Dauer ist, lohnt sich das Bewusstmachen der Tatsache, dass wir unserem Körper durch für ihn unnötige Nahrungsaufnahme nicht nur mehr Arbeit zumuten, sondern mittel- bis langfristig sogar Schaden zufügen. Und oft auch zunehmend unserem Selbstwertgefühl beim anschließenden Blick in den Spiegel!
Lernen wir also, uns wieder mit anderen Dingen zu belohnen, die uns Spaß machen oder Freude bereiten, und zwar nicht auf Kosten von Körper oder Gesundheit. Wir dürfen uns gerne für Leistungen, die wir uns selber abverlangen belohnen. Warum auch nicht, Belohnungen sind wichtig und motivierend. Verabschieden wir uns hierbei auch von belastenden Bewertungen, dass die von uns angestrebte Belohnung doch nutzlos, unnötig oder unvernünftig sei, wie beispielsweise eine neue Handtasche nach den ersten 10 verlorenen Kilos, eine Wellness-Massage nach einer anstrengenden Woche oder ein Besuch im Kino - wo doch daheim Sofa und Netflix ohne zusätzliche Kosten warten. Was uns belohnt, bestimmen immer noch wir. Einer Bewertung von außen sollten wir uns tunlichst entziehen. Das ist unser gutes Recht.
Essen als Belohnung - ohne berechtigte körperliche Indikation, also Hunger, ist jedoch allemal unnötig und unvernünftig und im Gegensatz zu voran angeführten Beispielen wenig zuträglich für Körper, Gesundheit und Wohlbefinden. Natürlich aber braucht Belohnung nicht immer über materiellen Konsum stattzufinden. Auch das liegt ganz in unserer Freiheit und Phantasie! Sexuelle Erregung schüttet beispielsweise ähnlich viel Dopamin aus wie Schokolade; und beim Orgasmus kommt es nicht nur zu einer regelrechten Dopamin-Explosion, sondern wir verbrennen auch noch ordentlich Kalorien! Und das sogar ganz ohne akrobatische Meisterleistungen. Spätestens da kann Schokolade als Belohnung nun wirklich nicht mehr mithalten! Aber auch ein genüssliches Vollbad bei Kerzenschein und schöner Musik nach einem stressigen Arbeitstag ist nicht nur wirklich wohltuend und entspannend, sondern stärkt unser Immunsystem und unterstützt nachhaltige Regeneration.
Überlegen wir uns also unsere ganz persönlichen Belohnungsstrategien. Je mehr wir diese im Vorfeld bewusst planen und anschließend immer wieder in der Umsetzung üben, umso weniger Chance haben fehlgeleitete, erlernte Gelüste auf Chips, Süßigkeiten, Alkohol & Co.!
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